Hamburg Marathon–The final Part

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Etwas mehr als 42km, das kann doch nicht so schwer sein. Das Mantra, was ich mir in den Tagen vor dem großen Ereignis immer wieder einrede, zumindest in den Tagen, an denen ich wieder fest daran glaube, ihn auch wirklich zu laufen. In der Woche vor dem Lauf wollten mir ein Arzt und ein Orthopädietechniker ans Herz legen, 16 Wochen intensives Training in den Wind zu schreiben. Grund war der, dass ich nach den 30 km in Cuxhaven Schmerzen in der Achillessehne bekam. Ich bekam Sorgen wirklich nicht an den Start gehen zu können und entschied mich für einen Arztbesuch, in der Hoffnung, dass der mir per Spritze die Schmerzen nimmt und die Möglichkeit erhält, zu starten. Lange Rede, kurzer Sinn: Arzt riet davon ab zu starten und verschrieb mir eine Banadage. Ja, eine Bandage, keine Spritze – das macht man nicht mehr, sagt er mir. Hol ich mir also die Bandage und da guckt er um die Ecke: der Mensch, den man nicht braucht, einer, der immer eine Horrorgeschichte im falschen Moment in petto hat: ihm ist die Sehne bei einem Marathon schon gerissen und das wünscht er niemandem. Na toll, Tränen rollen über mein Gesicht.

Die nächsten Stunden mit den Zwiegesprächen meines Engels und Teufels spare ich aus. Ergebnis: Freitag Abend packe ich meine Tasche, Samstag sitzen wir im Auto nach Hamburg und Sonntag stehe ich an der Startlinie. Das Wetter ist so schlecht, dass es eigentlich nicht gerechtfertigt ist, auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Doch meine Freundinnen (eine in einem besseren Block und eine an meiner Seite) und ich stehen am Start und dann das: es beginnt zu hageln! Ist das wahr? JA! Mir fallen alle Flüche ein, das macht es aber leider nicht besser.

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Langsam beginnt sich unser Block in Bewegung zu setzen, das Rennen beginnt. Mein Körper ist voller Adrenalin. Achilles wer oder was? Ich merke ja nicht mal meine Füße, weil die direkt auf den ersten Metern so nass und kalt sind, dass ich sie gar nicht mehr spüre. Klasse! Kann ja nur besser werden. So laufen wir zu zweit nebeneinander her und merken schnell, dass es anstrengend wird, die Strecke hat einige flache, aber laaaaaaaange Anstiege und der Nachteil des schlechten Startblocks zeigt sich früh: wir kommen wieder und wieder aus unserem Tempo, weil wir hier und da überholen und antreten müssen. Immer und immer wieder, das kostet Kraft. Bereits nach 15km merke ich meine Beine, doch die Gedanken schiebe ich beiseite, genauso wie die Sonne immer wieder die Wolken wegschiebt.

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Ab KM 18 zählt I. (so nenne ich meine Freundin von nun an, die andere ist S.) die Kilometer rückwärts, anfänglich nicht so richtig hilfreich, hinten raus dann schon. Wir hatten uns ein optimistisches Ziel von unter 4:00h gesetzt. Bis zur Halbmarathonmarke sind wir im Soll, doch wir verständigen uns kurz darauf darüber, dass wir dieses Tempo vermutlich nicht bis ins Ziel gehen können und beschließen, das Rennen ein bisschen mehr zu genießen. Das habe ich diesmal wirklich: viele schöne Streckenabschnitte, viele Bands, die Zuschauer, die auch bei richtig schlechtem Wetter draußen bleiben und anfeuern, Menschen auf Balkonen, die Stimmung machen und dann unser beider Herzensmenschen und weitere Freunde, die sich viele Punkte überlegt haben, an denen sie uns anfeuern – grandios!

I. zählt weiter runter, langsam hilfts, wir kommen dem einstelligen Bereich näher. Ich kommuniziere kurz mit meinem Herzensmensch via Handy, dass er weiß, dass ich am nächsten Treffpunkt die Gels brauche, die er hat und da steht es schwarz auf weiß auf meinem Handy: S. ist ausgestiegen! NEIN, sie hatte so viel vor! Zu viel?! Uns schwinden auch die Kräfte, unsere Pace wird langsamer. Bei KM 35 sehen wir wieder unsere Freunde, sie schreien uns zu, dass S. kurz vor uns ist. Yippie, sie ist doch nicht ausgestiegen, sie wartet auf uns. Kurze Zeit später nehmen wir sie in unsere Mitte, sichtlich deprimiert. I. erfährt bei KM 36, was der Mann mit dem Hammer ist, ab 37 hört sie nicht mehr auf zu fluchen. Hinterher erzählt sie uns, dass sie da wohl ausgestiegen wäre, wenn wir nicht zu dritt gewesen wären.

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Die letzten drei Kilometer sind die Hölle, die Beine tun weh, man möchte sich einfach nur noch in Embryostellung hinlegen und selbst bemitleiden. Dieser Drang stehen zu bleiben ist gigantisch, doch wir sind zu dritt und motivieren uns gegenseitig. Da ist er, der rote Teppich des Zieleinlaufs. Stopptaste der Uhr: 4:06:45! Nicht ganz das anvisierte Ziel, ABER: 28:15 min schneller als beim ersten Marathon in Berlin 2015. Ich bin glücklich. Ich habe mit dieser Distanz meinen Frieden geschlossen. Ich habe gesagt, dass ich nach Hamburg keinen Marathon mehr laufen werde. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Ein Hoch auf Endorphine und das Runner’s High!

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